Heute haben wir uns von Taschkent verabschiedet und uns nach Samarkand aufgemacht. Weil Inom sich noch um andere Kunden kümmern muss, haben wir für zwei Tage einen Ersatzführer bekommen. Leider gestaltete sich die Kommunikation schwierig, da wir kein Usbekisch und nicht genug Russisch sprechen. Sherbat wiederum spricht, wider erwarten nicht besonders viel Englisch. Das machte die Kommunikation, gelinde gesagt, herausfordernd.
Auf der Fahrt von Taschkent nach Samarkand gab es nicht viel zu sehen, nur einige Störche und viele Felder. Wobei uns immer wieder auffällt, dass Usebkistan alles in allem sehr sauber und aufgeräumt wirkt.
Nach einer langen, sechsstündigen Fahrt mit einigen Umwegen hatten wir ein leckeres Mittagessen in einem kleinen Straßencafé, wo wir allerlei Salate und Borschtsch (ukrainische Rote Bete Suppe) gegessen haben, sowie das beste Brot, das wir bisher in Usbekistan hatten. Es war noch warm und mit einer Art saftigen Blätterteig mit viel Butter gebacken. In gewisser Weise erinnerte es Chris an ein riesiges französisches Croissant. Weniger süß, aber gleiche Textur. Es scheint aber, dass wer vegetarisch essen möchte in den meisten traditionellen Gaststätten auf Salate zurückgreifen muss. Aber hier waren sie zumindest sehr gut. Wir durften auch eine lokale Spezialität probieren: eingelegte Bergzwiebeln.
Bissfest und knackig schmeckten sie wirklich sehr lecker. Der Gesamtpreis für uns drei inklusive Getränke betrug nur 12 Euro. Definitiv das Geld wert.
Wir nahmen das restliche Brot für später mit und machten uns auf den Weg in das eigentliche Samarkand.
Samarkand steht als Synonym für die Seidenstraße. Es ist eine von zwei usbekischen Städten, an denen sich die Handelsrouten kreuzten. Eine nördliche Route durch das heutige Kirgisistan und eine südliche Route durch das heutige Tadschikistan. Beide führen von China nach Bagdad, aber je nach Saision, Wetter und Gefahrenlage nahmen die Händler die eine oder die andere Route. Samarkand und Buchara sind die beiden Städte, an denen die Routen jeweils zusammentreffen. Die Bedeutung der Seidenstraße und die Reichtümer die hier umgesetzt wurden spiegelt sich in den beeindruckenden architektonischen Bauwerken, die noch heute, Jahrhunderte später, erhalten sind.
Schließlich erreichten wir unserer gemütliche kleinen Pension in Samarkand.
Das Jahongir-Gästehaus liegt mitten in der Altstadt von Samarkand und ist nur 500 m Fußmarsch von der Hauptattraktion, dem Registan-Platz mit seinen drei monumentalen und beeindruckenden Gebäuden, entfernt. Nach dem Einchecken entschieden wir uns, alleine umherzustreifen um Samarkand zu Fuß zu erkunden.
Wir schlenderten zunächst gemütlich zum Registan-Platz. Wenn man ihn zum ersten Mal vor ihm steht, ist er genauso beeindruckend wie das Taj Mahal.
Registan kommt aus dem Persischen und bedeutet ‘sandiger Platz’ oder ‘Wüste’ und war ein Zentrum für Bildung und Handel. Warum Sand? Weil die Karawanen hier mit ihren Eseln, Kamelen und Pferden ihre Zelte aufschlugen. Und auf Sand war das ganze leichter sauber zu halten. Der Registan war zugleich auch ein öffentlicher Platz, auf dem sich die Menschen versammelten, um königliche Proklamationen zu hören, die mit lauten Tröten auf riesigen Kupferhörnern namensDzharchis angekündigt wurden. Hier wurden aber auch öffentliche Hinrichtungen vollzogen.
Drei Medresen flankieren den Platz auf drei Seiten, die vierte Seite ist offen. Während die Händlerkarawanen Rast machten verwandelte sich der Platz in eienn großen Basar. Heute ist die Fläche aber gepflastert, während viele der Studienräume in den Medresen in kleine Touristen- und Handwerksläden umgewandelt wurden.
Während der Zahn der Zeit diesen Gebäuden arg zugesetzt hatte, haben sich die Sowjets während ihrer Herrschaft tatsächlich bemüht den Registan in seinen alten Glanz zurückzuversetzen. Überall sind bunte Fliesen, Mosaike und Kunstwerke zu sehen. Die Gebäude wirken eher wie Paläste als wie islamische Schulen. Jedes der drei Gebäude sieht etwas anders aus.
Das älteste ist die Ulugbek-Medrese, erbaut im Jahr 1420, und sie war der Erforschung von Wissenschaften wie Astronomie und Mathematik gewidmet.
Sie verfügt über einen schönen baumbestandenen Innenhof und zwei Ebenen von Studienräumen. Versteckt in einem der Eingänge befindet sich eine kleine Holztür.
Für Insider ist dies der Eingang zu einem der Minarettürme. Chris schaffte es, ‘ein Ticket’ für den Zugang zu kaufen. Eigentlich ist es eher ein verkapptes Bestechungsgeld und nur zum Schein wird etwas in ein Schulheft gekritzelt. Es wird auch immer nur eine Person hochgelassen, weil die Treppe steil und sehr eng und der Platz oben sehr begrenzt ist.
Wer unter Klaustrophobie oder Höhenangst leidet, sollte sich dieser Herausforderung lieber nicht stellen. Der Lohn für die Mühen ist aber ein großartiger Panoramablick über den gesamten Platz und die Stadt.
Da es bereits spät am Nachmittag war, hatte Chris den Turm ganz für sich allein und konnte sich in aller Ruhe umsehen und Fotos machen.
Im Anschluß widmeten wir uns dem zweiten Gebäude, der 1636 fertiggestellten Sher Dor Medrese gegenüber dem Platz.
Sher Dor bedeutet auf persich: Mit Löwen versehen. Und tatsächlich: obwohl es im Islam Harām, also verboten war Menschen und Tiere darzustellen, sind auf dieser Medrese zwei Löwen und Hirsche abgebildet. Die Löwen stehen als Zeichen der Macht, während die Damhirsche für die Demut des Volkes vor dieser Macht stehen. (Eigentlich sind es eher Tiger mit Löwenmähne um ehrlich zu sein).
Diese Medrese hatte ebenfalls einen schönen Innenhof, in dem sie einen der Räume im Originalzustand als Studienraum belassen haben, während alle anderen in kleine Geschäfte umgewandelt wurden.
Das letzte und jüngste der Gebäude ist die Tilla Kari Medrese auf der dritten Seite zwischen den beiden. Sie wurde im Jahr 1660 erbaut und zeichnet sich durch eine breitere Fassade und einen großzügigeren Innenhof aus. Er ist gepflastert und sehr hübsch. Von dort aus war auch eine kleine Moschee zugänglich, in der Bilder in Schwarzweiß von den 1930er Jahren zu sehen waren, auf denen wir den schlechten Zustand des Registan-Platzes und seiner großen Medresen vor ihrer Renovierung sehen konnten.
Wir ließen uns durch alle Gebäude treiben und genossen einfach die Atmosphäre eines späten Nachmittags und frühen Abends. Im Dämmerlicht wurden plötzlich die Strahler eingeschaltet, die den Registan-Platz beleuchten.
Und das Ensemble erstrahlte in einem fantastischen Licht. Ein kurzes Raunen ging durch die Menge. Die Stimmung war auf einmal eine ganz andere und die verschiedenfarbingen Lichter erzeugten einen grandiosen Effekt. Wir saßen auf den Stufen und gaben uns der Stimmung hin.
Der Platz selbst war nicht besonders belebt, aber draußen hatte sich eine Menschenmenge auf den Stufen versammelt, um auf die Licht- und Musikshow zu warten, die um 21 Uhr beginnen sollte. Wir entschieden uns, noch solange zu bleiben und durch die Innenhöfe zu schlendern.
Die Lichtshow war ganz nett, hatte aber nichts mit den 3D-Projektionen zu tun, die hin und wieder gezeigt werden.
Nach 15 Minuten zogen wir uns in unser Gästehaus zurück um am nächsten morgen für den Sonnenaufganz wiederzukommen. Alles in allem fanden wir, dass deer Registan-Platz in Samarkand dem Taj Mahal durchaus ebenbürtig ist.
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