Heute sollte unser dritter Reittag sein. Während der Nacht hatte es ein wenig geregnet und die meiste Zeit genieselt, aber die Wege waren immer noch gut. Für den Vormittag war kein Regen vorhergesagt. Nach einem weiteren herzhaften Porridge-Frühstück packten wir die Zelte weg und machten uns zuerst auf den Weg, um unsere Satteltaschen im Haus von Borat abzuladen, das knapp 40-Minuten entfernt lag. Und da Esther’s Pferd am Vortag einen Hufschuh verloren hatte, mussten wir es neu beschlagen lassen.
Es dauerte etwas länger als erwartet, und so beschlossen wir, vor dem erneuten Ausritt mit den Pferden zu Mittag zu essen. Unser Ziel dieses Mal war ein großer grasbewachsener Hügel, von dem aus man den großen Staudamm und den See namens Charvak-See überblicken kann. Von dort oben aus sollten wir drei Länder sehen können: Usbekistan, Kasachstan und Kirgisistan.
Der Aufstieg war sehr steil, und die Pferde arbeiteten trotz der leichteren Last hart, um nach oben zu gelangen. Aber die Aussicht war die Mühe absolut wert. Leider setzte nun der Regen ein, anfangs nur ein leichtes nieseln, das aber von Minute zu Minute stärker wurde. Wir zogen unsere Regenbekleidung an und machten uns so schnell wie möglich wieder auf den Weg nach unten bevor sich die Wege in Matsch verwandeln konnten. Chris war alles andere als wohl bei dem Gedanken, den steilen Berg runterzurutschen.
Plötzlich tauchte aus dem Nichts ein junger schwarzer Hengst auf und galoppierte auf uns zu, lauthals wiehernd. Drei unserer vier Hengste wieherten zurück. Aber nicht aus Freude, sondern um ihn in seine Schranken zu verweisen. Denn ein Hengstangriff war das letzte was wir jetzt brauchten. Wir versuchten also, ihn durch Rufen und Winken zu vertreiben. Keine Chance. Er tauchte immer wieder auf, was unsere Hengste richtig aufbrachte. Nur Esther’s Pferd blieb ruhig, die anderen tänzelten, zogen und wieherten herum. Der junge Hengst ging vor uns her, folgte uns, zeigte jedoch kein aggressives Verhalten. Nach und nach wurde klar, dass er keine Herde beschützte und auch keiner angehörte. Er wurde wahrscheinlich von einem älteren Hengst aus seiner ursprünglichen Herde verstoßen und war nun ein einsames junges Tier, das nach neuen Pferdefreunden suchte. Er musste gedacht haben, dass wir seine neuen Pferdefreunde sein könnten.
Er folgte uns fast den ganzen Weg zurück zum Dorf, und Borat musste ihn zurückjagen, sonst hätte er uns noch weiter verfolgt. Armer kleiner Kerl. Er tat uns wirklich leid.
Der Nieselregen hatte sich mittlerweile in einen gleichmäßigen Strom aus starkem Regen verwandelt, und als wir im Dorf ankamen, waren wir völlig durchnässt.
Niemand hatte noch Lust, bei diesem strömenden Regen in Zelten zu übernachten, also änderten wir unsere Pläne und mieteten spontan für die letzte Nacht eine Datscha im Dorf.
Allerdings entsprach diese Datscha keineswegs dem typischen Bild, das man von einer Datscha haben könnte. Hinter den Wellblechtoren erstreckte sich ein atemberaubender, üppiger Garten mit Birkenbäumen, der zu einer bezaubernden Villa führte.
Im Haus entdeckten wir ein geräumiges Wohnzimmer, eine gut ausgestattete Küche, vier Schlafzimmer und sogar eine Sauna. Was für ein luxuriöses Upgrade von unserem bescheidenen Zelt!
Borat und Inom kochten für uns Plov. Was für eine Köstlichkeit! Plov ist das berühmteste usbekische Nationalgericht. Fleisch, Karotten, Zwiebeln und Gewürze köcheln mindestens zwei Stunden lang in einem Topf, bevor der Reis darauf gegeben wird. Dieser Reis wird von unten mit dem Saft und allen Aromen des Gerichts gedämpft, in dem er gekocht wird. Am Ende wird der Reis umgerührt, das Fleisch in kleine Stücke geschnitten und alles auf einem großen Haufen auf einem zentralen Teller serviert. Wir hatten es mit Hühnchen (was hier kaum als Fleisch betrachtet wird) und es war köstlich.
Erschöpft, aber glücklich, genossen wir eine heiße Dusche, ein fantastisches Essen und weiche! Betten!! Im Nu waren wir eingeschlafen.
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