Der erste Tag in Jerusalem
Ein paar meiner Freunde waren verwundert – ja auch, dass ich ‚schon wieder‘ verreise – vor allem aber über das Ziel: Israel! Jerusalem? Was willst Du da?? Ist das nicht gefährlich?! Für alle die Glauben, dass man sich den Weg in Israel freischiessen muss: Nein, in Jerusalem oder Haifa oder Tel Aviv lauert kein Messerstecher an jeder Ecke. Und Gott sei Dank oder Inschallah sprengt sich auch kein Palästinenser mehr aus lauter Zorn über die israelische Politik in die Luft. Die größte Gefahr lauert in den arabischen Souqs, sofern man sich von einem der gewieften Verkäufer um den Finger wickeln lässt. Die Preise können – insbesondere bei asiatischen Touristen – gefährliche Folgen für den Geldbeutel haben. ‚Jeder zahlt das, was es ihm wert ist‘, hat mir einmal ein palästinensischer Verkäufer zugeraunt, als ich nach dem sechsten Minztee endlich seinen verdammt antiken Dolch statt für 300 Euro für acht Euro gekauft habe. Lustigerweise habe ich den gleichen Dolch heute wieder in einem der unzähligen winzigen Läden gesehen. Der Verkäufer wollte mir einen guten Preis machen. Nur 50 Euro.
Ansonsten hat sich auf den ersten Blick nicht so viel geändert in der ewigen, der heiligen Stadt, die ich vor zwanzig Jahren zum ersten Mal besucht habe. Nur politisch hat sich die Welt auf den Kopf gestellt, so, wie es sich keiner von uns je hätte ausmalen können.
Die Grabeskirche ist immer noch mehr Zirkus als ein besinnlicher Ort der inneren Einkehr – es ist vielleicht sogar schlimmer geworden. Selbst jetzt im Januar belagern Kohorten von Reisegruppen das Kirchenlabyrinth um das sich mehrere Glaubensrichtungen balgen und wo die äthiopischen Christen auf dem Dach leben (Mehr zur Holy Sepulchre morgen).
überblickt das Chaos

Ansonsten laufen die Ashkenazy Juden (meist zu erkennen an Ihrem breitkrempigen Hut oder ihrer Pelzmütze, die Frauen an der Perücke und dem Kinderwagen) noch immer leicht beschleunigten Schrittes durch das arabische Viertel, stehen bewaffnete Tsahal Soldaten (und natürlich Soldatinnen) in allen Hautfarben an strategischen in Punkten in Gruppen und versuchen sich die Zeit zu vertreiben. Wem schon der Anblick von Maschinengewehren den kalten Schweiß den Rücken runterlaufen lässt, der sollte Israel lieber meiden. Die über 170.000 Wehrpflichtigen und 630.000 Reservisten nehmen ihre geladene Waffe auch mal zum Spielplatz mit oder lehnen sie durchaus zum Gebet an die Klagemauer.

Apropos Klagemauer. Die scheint auch hart im Nehmen zu sein – und ist trotz der Last der vielen Wünsche, Gebete und vielleicht auch Klagen noch nicht eingebrochen.

Und obendrauf prangt noch immer der einzigartige Felsendom mit seiner mit echtem Gold überzogenen Kuppel (Jordaniens König Hussein II. soll dafür eines seiner Häuser in London verkauft haben um die 80 Kilo Gold spendieren zu können).

Er steht noch immer, auch wenn manche Juden dort lieber den dritten Tempel bauen würden. Und ich nehme nicht an, dass er dann _neben_ dem Felsendom stehen soll… Nicht-Muslime dürfen nur an bestimmten Tagen (Freitag und Samstag nicht) und zu bestimmten Zeiten auf den Tempelberg. Jetzt im Winter etwa zwischen sieben und halb zehn sowie halb eins und halb zwei. Morgens ist weniger los und das Licht besser – also werde ich wohl früh aufstehen und auf mein Frühstück verzichten müssen.